Politisch motivierte Kriminalität 2022 auf dem Höchststand

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Die Zahl der politisch motivierten Straftaten ist im Jahr 2022 erneut deutlich um über sieben Prozent auf 58.916 Delikte angestiegen. Damit befindet sich die politisch motivierte Kriminalität (PMK) auf dem höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2001. Insbesondere Delikte von rechts und Hasskriminalität haben besonders zugenommen. Dabei sind vermehrt Straftaten und Gewalt gegen Geflüchtete und Asylunterkünfte sowie der sog. Reichsbürger- bzw. Selbstverwalterszene zu verzeichnen. Auch die Zahl der politisch motivierten Gewalttaten ist um vier Prozent auf 4.043 Delikte angestiegen.

Das Verbreiten von Propagandamitteln oder Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen stellen mit einem Anteil von fast 28 Prozent an den Gesamtfallzahlen einen Schwerpunkt bei politisch motivierter Kriminalität dar. Hier ist insbesondere der Anteil an ausländischer Ideologie um rund 425 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen. Die Propagandadelikte mit religiöser Ideologie sind um 128 Prozent angestiegen.

Besonders auffällig war der Anstieg an Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Diese haben um rund 416 Prozent zugenommen. Dies macht rund ein Drittel in diesem Bereich aus. Stellten Sachbeschädigungen im Vorjahr noch den größten Anteil an registrierten Straftaten der PMK dar, bildeten sie im Jahr 2022 nur noch den drittgrößten Anteil (13,54 %).

Im Unterthemenfeld „Ukraine“ im Oberthemenfeld „Krisenherde/Bürger-kriege“ wurden im vergangenen Jahr insgesamt 5.510 politisch motivierte Straftaten durch die Bundesländer gemeldet. Den maßgeblichen Anteil von rund 49 Prozent hatten dabei Straftaten mit ausländischen Ideologien.

Die Sorgen in bestimmten Kreisen der Bevölkerung hinsichtlich der Verknappung der Ressourcen wie etwa von Lebensmitteln oder auch von Energieträgern, vor allem ausgelöst durch den Ukraine-Konflikt und die damit einhergehenden steigenden Kosten, spiegelten sich nur bedingt in den erfassten Straftaten wider. Für das Jahr 2022 wurden insgesamt 1.298 politisch motivierte Straftaten im Unterthemenfeld „Versorgung“ gemeldet und erfasst. Im Vorjahr waren es lediglich 169.

1.716 Straftaten mit dem Themenzusammenhang „Klima“ und „Umweltschutz“ wurden im Jahr 2022 begangen. 1.391 dieser Delikte wurde linker Ideologien zugeordnet. 307 Straftaten konnten hingegen keiner Gesinnung zugeordnet werden. Politisch motivierte strafbewehrte Handlungen im Zusammenhang mit Klimabewegung konnte dagegen nur in 18 Fällen zugeordnet werden.

Im Bereich der Hasskriminalität hat sich eine deutliche Zunahme um rund zehn Prozent auf 11.520 gezeigt. Drei von vier dieser Straftaten sind dem Bereich "PMK rechts" zuzuordnen. Die Zahl der Gewalttaten ist noch deutlicher um 33 Prozent auf nun 1.421 gestiegen. Hinter den Straftaten stehen vor allem fremdenfeindliche, antisemitische und rassistische Motive.

Im vergangenen Jahr haben auch die Straftaten gegen Geflüchtete wieder zugenommen. Die Polizeibehörden registrierten 1.420 Straftaten gegen Schutzsuchende – das entspricht einem Anstieg um neun Prozent. Die Zahl der Gewaltdelikte ist um 22 Prozent auf 278 gestiegen. Auch Asylunterkünfte werden immer häufiger zum Ziel von Straftaten, hier ist gegenüber 2021 ein Anstieg um 67 Prozent auf 120 Fälle zu beobachten.

Straftaten gegen den Staat und seine Vertreter haben im Jahr 2022 insgesamt deutlich um 47,29 Prozent zugenommen. Davon sind auch Amts- und Mandatsträger auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene betroffen. Während Angriffe auf Amtsträger auf Bundes- und Landesebene gegenüber dem Vorjahr gesunken sind, bleiben die Zahlen bzgl. der kommunalen Amts- und Mandatsträger konstant hoch. Dahinter stehen insbesondere auch Straftaten im Bereich der sog. „Reichsbürger/Selbstverwalter“, im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und vielfach auch rechte und fremdenfeindliche Motive.

Anmerkung:

Die Entwicklungen der politisch motivierten Kriminalität sind insbesondere mit Blick auf die Zunahme der Gewaltdelikte und der Tendenzen von „rechts“ gegenüber Repräsentanten des Staates – auch auf kommunaler Ebene – sowie gegenüber Geflüchteten besorgniserregend. Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat sich weiter zugespitzt, so dass 2022 ein neuer Höchststand erreicht wurde. Auch wenn es vereinzelt, so im Bereich der Angriffe auf Amts- und Mandatsträger auf Bundes- und Landesebene eine positive Tendenz gibt, bleiben physische und verbale Gewalt auf Repräsentanten des Staates, insbesondere auf kommunaler Ebene weiterhin auf einem zu hohen Niveau. Dabei bleibt die Dunkelziffer zahlreicher Delikte, die nicht zur Anzeige gebracht werden, weiterhin sehr hoch. Hiergegen müssen, Polizei und Justiz konsequent vorgehen, den bestehenden Strafrechtsrahmen ausschöpfen und durchsetzen und die Betroffenen präventiv als auch repressiv noch stärker unterstützen. Insbesondere muss die Strafverfolgung beim Thema Hasskriminalität im Netz effektiver ausgestaltet werden und ein rechtsfreier Raum unbedingt vermiedet. Auch spielen präventive Maßnahmen wie Stärkung der politischen Bildung sowie der Ausweitung von Präventionsmaßnahmen zur Stärkung der Demokratie vor Ort und Bekämpfung von Hass und Radikalisierungen auf kommunaler Ebene eine besondere Bedeutung. Denn insbesondere die außergewöhnlich hohe Zahl Propagandadelikten könnte auf fehlendes politisches Verständnis zurückzuführen sein.

03.07.2023